Wenn die Gerichtskasse mal so richtig in Schwung kommt...

Das abenteuerlicheTreiben von Kostenbeamten und von der Bielefelder Gerichtskasse

Bei ihren Fehlern hat sich die Gerichtskasse inzwischen selbst soweit lahmgelegt, daß, wie in Telefonaten selbst zu gegeben wird, niemand mehr weiß, welche Forderungen zu welchem Kassenzeichen offen sind, keiner hat mehr Überblick darüber, welcher Betrag schon eingetrieben ist. Trotzdem werden in schöner Regelmäßigkeit Beträge, die man anscheinend grad mal wieder in den Unterlagen gefunden hat eingetrieben. Dabei spielt es dann auch keine Rolle, von wem das Geld eingetrieben wird.

Unglaublich?

Aber wahr!

Im wesentlichen gibt es dabei zwei Bereiche

1.) Eintreibung der Gerichtskosten für das einstweilige Verfügungsverfahren (2 O 676/98)

2.) Eintreibung der Gerichtskosten für das Räumungskostenverfahren (8 M 319/99)

Hier gehts zunächst um 1.:

Anfangs gab es noch den Anschein eines nachvollziehbaren Vorgehens.

Gegen 7 Verfügungsbeklagte, die ihren Widerspruch gegen die einstweilige Verfügung verloren hatten, wurden Rechnungen in einer Höhe über 409,29 DM geschrieben. Drei Beklagte beantragten Stundung, der aber trotz zureichender Einkommensbescheinigung nicht stattgegeben wurde.

Aufgrund der Erinnerung des Verfügungsbeklagten Rahmann wurde die Rechnung vom Gericht abgeändert (Beschluß vom 24.10.2000) , da drei volle Gerichtsgebühren à 955,- DM nicht allein von den 7 Widerspruchsführern allein verursacht wurden, sondern nur 2 Gerichtsgebühren. Die dritte Gebühr kam zustande nicht durch das Widerspruchsverfahren sondern durch das dem Widerspruch vorrausgehende Vefügungserlaßverfahren, das sich gegen 13 Verfügungsbeklagte richtete, also auch von diesen allen zu bezahlen ist. Somit wurde der vom Verfügungsbeklagten Rahmann zu zahlende Betrag auf 346,32 DM festgesetzt.

Drei der anderen sechs Personen staunten nun nicht schlecht , daß von Ihnen, anstatt auch Ihren Betrag auf 346,32 DM festzusetzen, diese nun einen Betrag von 692,63 DM also nochmal 283,34 DM mehr als 429,29 DM zahlen sollten. Die hiergegen eingelegte Erinnerung des Dirk Steinberger blieb erfolglos. Das Gericht begründete das damit (Beschluß vom 23.2.2001, LG Bielefeld) , daß die Gerichtskasse aufgrund der gesamtschuldnerischen Haftung von jedem soviel eintreiben könne, wie sie wolle, solange, bis der Gesamtbetrag von 955,- DM resp. 1910,-DM erhoben worden ist. Die höheren Einzelbeträge begründete das Gericht damit, daß einige Schuldner nicht mehr zu ermitteln seien und nun die verbliebenen Schuldner sich den Rest auch noch teilen mußten. Soweit ist es zwar recht fies, aber immerhin ist es zumindest formal halbwegs korrekt.

Aber dann ging es los:

Gericht produziert 77 Rechnungen mit 77 Kassenzeichen, wenn niemand Einhalt gebietet

Was die Gerichtskasse nun jedoch machte, um an das Geld zu kommen, ist an Chaos nicht mehr zu überbieten. Anstatt völlig neue Rechnungen zu schreiben, und komplett neue Kassenzeichen zu verteilen, bekam nun plötzlich jeder dieser 6 (noch auffindbaren) Schuldner ein weiteres Kassenzeichen mit dem Zusatzbetrag von 283,34 DM für die am Widerspruchsverfahren Beteiligten, bzw. von 146,92 DM für die nur am Verfügungserlaßverfahren Beteiligten. Die alten Rechnungen incl. der alten Kassenzeichen blieben jedoch noch bestandskräftig. Komischerweise bekam der Verfügungsbeklagte Rahmann als einziger keinen zusätzlichen Betrag aufgebrummt. Natürlich mußte nun auch für diesen Zweitbetrag von 283,34 genau dasselbe Prozedere (z. B. des Stundungsantrages) durchgeführt werden, wie für den Erstbetrag von 429,29 DM.

Und nun begann das richtige Chaos. Irgendwann bekamen nämlich einige Verfügungsbeklagte Besuch vom Gerichtsvollzieher und es stellte sich heraus, daß der Betrag in der Regel nicht einforderbar ist, weil die Schuldner mittellos sind. Anstatt, daß die Gerichtskasse diesen Zustand zunächst akzeptiert, ergeht sie sich in wildestem Aktionismus. Denn nun wurden die nicht eintreibbaren Rechnungen unter einem neuen Kassenzeichen einfach an die auf der Liste der noch ermittelbaren Gesamtschuldner jeweils nächsten Schuldner weitergeleitet. So passierte nun folgende Kurioisität: Die Schuldner, nennen wir sie A, B,C, bekamen Rechnungen über jeweils 409,29 DM zu den Kassenzeichen 1,2,3,. Nachdem diese nun nichteintreibbar waren, wurden die Rechnungen jeweils eins weiter geschickt, d. h. B bekam die Erstschuldnerrechnung von A zum Kassenzeichen 1, das wurde nun mit einem neuen Zweitschuldnerkassenzeichen 1a versehen , C bekam die Rechnung von B zum alten Kassenzeichen 2, und diese Rechnung hat nun das Kassenzeichen 2a usw.... und D, die bisher korrekterweise keine Rechnung bekam, da sie gar nicht am Verfahren beteiligt war, kriegt, weil man grad in Schwung ist, die Rechnung von C.(doch dazu unten mehr)

Mit nur minimalem Nachdenken hätte die Gerichtskasse erkennen müssen, daß auch ein Betrag von 409, 28 DM zum Kassenzeichen 2a genau so wenig von C einforderbar ist, wie derselbe Betrag zum Kassenzeichen 3 , der ja von C schon erfolglos versucht wurde, zu pfänden. Diese Aktion wird, wenn sie nicht irgendwann gestoppt wird, bezüglich dem Widerspruchsverfahren 7 Rechnungen mit altem Kassenzeichen x 4 noch ermittelbare Schuldner aus dem Widerspruchsverfahren = 28 Einzelrechnungen zu 28 unterschiedlichen Kassenzeichen verursachen. Beim Verfügungserlaßverfahren ergeben sich aus 7 neuen (nach dem Beschluß vom 24.10.2000) Rechnungen mit dafür 7 ermittelbaren von 13 verantwortlichen Schuldnern 49 neue Kassenzeichen.

Dieses mag ja im Zeitalter elektronischer Datenverarbeitung zu bewältigen sein, auch wenn es der Gesellschaft Kosten in Höhe von 77 mehr oder eher weniger erfolglosen Pfändungsaktionen bereitet.